Nachruf

Mein Vater Paul Vincent Gunia

Ein Nachruf von Daniel Gunia

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Paul Vincent Gunia
(Foto: T. Hillenbrand)

Eigentlich wollte ich nie einen Nachruf auf meinen Vater schreiben, alleine schon deshalb, weil ich niemals gewollt hätte, dass er je sterben müsse. Doch am 25. Oktober 2016 passierte das, was bis dahin für meine Familie und mich einfach unvorstellbar war: Paul ist von uns gegangen – völlig unerwartet und viel zu früh.

Wie kann ein Mensch, den ich über alles geliebt habe, so plötzlich nicht mehr da sein? Wie kann ein Künstler, der mir durch seine Musik ein Stück unsterblich vorkam, einfach aus dem Leben scheiden? Wie kann ein Vater, den ich noch als erwachsener Mann immer wieder um Rat fragte, mir all diese Fragen nicht mehr beantworten?

Bei aller Trauer und Fassungslosigkeit tröstet es mich ein wenig zu erkennen, wie viele Menschen Paul in irgendeiner Form berührte und inspirierte – ganz gleich, ob durch seine Musik oder seine immer positive und mitfühlende Art. Hierdurch und durch seine Liebe für uns alle ist er ein Stück unsterblich geworden und er wird es bleiben, so lange wir uns an ihn, seine Musik und die Botschaft darin erinnern.

Pauls Tod soll uns ein Menetekel sein, wie wichtig es ist, unseren Lieben zu sagen, was sie uns bedeuten; wie wichtig es ist zu lachen, zu verzeihen und für einander da zu sein; wie wichtig es ist, Momente zu erschaffen, sie bewusst wahrzunehmen und sie zu leben.

Mit großer Freude denke ich an die 38 gemeinsamen Jahre mit meinem Vater zurück: an spontane Ausflüge nach Eichstätt; an ausgedehnte Fahrradtouren durch den Englischen Garten; an traumhafte Urlaube in Portugal, Italien und England; an seine schier endlose Geduld, wenn er mit mir Lateinhausaufgaben machte; an laue Sommerabende auf der Terrasse; an verregnete Tage vor dem Fernseher; an tiefsinnige Gespräche über Gott und die Welt; an nächtliche Spaziergänge mit unseren Hunden Elvis, Emily und Filou; an seine tröstenden Worte in meinen kleinen wie großen Lebenskrisen.

In einem englischen Sprichwort heißt es: 

Death leaves a heartache no one can heal.
Love leaves a memory no one can steal.

Mit dem Scheiden meines Vaters vollendete sich eine große irdische Seele, zugleich fiel der Held meines Lebens. Unser Familien-Raumschiff hat seinen Kapitän verloren. Paul hinterlässt große, sehr große Fußstapfen, die mein Bruder Oliver und ich vielleicht nie ganz ausfüllen werden.

Umso mehr will ich sein Vermächtnis in Ehren halten, danach leben und es in die Welt hinaustragen. Wir alle dürfen einen so ehrbaren Menschenfreund nicht vergessen – gerade jetzt nicht, da weltweit Polemik, Hass und Fremdenfeindlichkeit drohen, wieder salonfähig zu werden. Ich bin froh, dass mein Vater das, was in den nächsten Jahren vermutlich auf uns zukommt, nicht mehr miterleben muss; es würde seinen Glauben an das Gute im Menschen zutiefst erschüttern.

Imagine all the people
Sharing all the world
You, you may say I’m a dreamer
But I’m not the only one
I hope someday you will join us
And the world will live as one

Falls es einen Himmel gibt, in dem wir uns alle wiedersehen, hoffe ich, dass Paul dort gemeinsam mit John, Jimmi und Freddie bei einem wahrhaft göttlichen Konzert den Laden zum Toben bringt… und vielleicht findet er ja Gelegenheit, wenn einmal meine Zeit gekommen ist, mit mir durch den Garten des Saturns zu radeln.

Saturn ist der alte Mann,
der die Stille mit sich führt
und er kennt den Weg zurück zur Quelle
Ja, du lässt die weißen Wolken zieh’n
und er lacht, weil du lachst und dir denkst:
„Komm ich wieder?“

Doch sollte es keinen Himmel geben, so ist mir wenigstens gewahr, dass dem Universum nicht ein einziges Atom verloren geht. Irgendwo da draußen befindet sich mein Vater jetzt…

Wie auch immer: Letztlich ist alles nur Sternenstaub – was uns Menschen wiederum zu einem Teil von einander und zu einem Teil des großen Ganzen macht. Lasst uns dies und unseren Paul nie vergessen!

Und jetzt reicht es auch dem großen Zirkus ein für allemal,
in der Nacht macht er den Laden dicht!
Fliegt auf Elefanten in die Wolken, denn…
wer spielt schon gern …in einem leeren Zirkuszelt!

Abschließend möchte ich euch allen – seinen Freunden, Weggefährten und Fans – im Namen unserer Familie von Herzen für die aufrichtige Anteilnahme danken. Es hilft zu wissen, dass wir die Trauer um seinen Tod nicht alleine schultern müssen.

Danke, dass ihr im Geiste bei uns wart und seid. Gott schütze euch!

Graben, 7. November 2016
– Daniel Gunia

6 Gedanken zu “Nachruf

  1. Liebe Familie Gunia,
    ich bin auf diese Seite gestoßen, nachdem mir heute, in einer schlaflosen Nacht, plötzlich das wunderbare Gitarrenintro zu „Jagger und Jones“ in den Kopf kam. Nach einigem Grübeln ist mir dann endlich der Name Paul Vincent wieder eingefallen.
    Ich war kein ausgesprocher Fan, habe die Wolle Kriwanek Band aber mehrmals live gesehen und damals alle Platten gehört (stehen alle noch im Regal). Ich hoffe Sie sind über den Verlust einigermaßen weggekommen.
    Alles Gute
    Marc Leonhardt
    Ostfildern

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    • Lieber Herr Leonhardt,

      es freut uns immer wieder aufs Neue, von Menschen zu hören, die sich an Paul erinnern. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Ihre Erinnerung mit uns zu teilen!

      Viele Grüße
      – Familie Gunia

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  2. Ich durfte in den 90ern „Paul und Wolle“ – leider nur ein einziges mal live erleben. Im alten Kino in Waiblingen. Ein Konzert was ich immer noch in bester Erinnerung habe. Damlas wie heute bin ich beeindruckt von deren Musikalität und ihrem Schaffen. Aber genau so von ihrem sozialen Engagement.
    Das Konzert kostete keinen Eintritt. Wolle hat dafür einen Hut aufgestellt mit den Worten „… es soll für die Fahrkarte vom Paul reichen und der Rest ist für die Klassenfahrt meiner Klasse…“

    Auch nach so langer Zeit bin ich imer wieder, so wie jetzt, in Gedanken bei Paul Vincent und am Hören seines Schaffens.

    Danke dafür
    Michael

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  3. Weil gerade die „Außer-Betrieb“-Aktion vom SWR ins Leben gerufen wurde, hab ich mich an wunderbare Live-Momente mit Wolle und Paul erinnert. Ein Highlight war ein Unplugged-Konzert in der Kelter in Ellmendingen, vielleicht 200 Leute aufm Kaff, aber eines der intensivsten Live-Erlebnisse aus unzähligen – und immer noch tief in meinem Herz verankert, obwohl es schon weit über 30 Jahre her ist. Das und viele andere Live-Erlebnisse mit Paul werde ich niemals vergessen!

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  4. Ab und zu recherchiere ich über Musiker aus meiner Plattensammlung (habe seit damals das Original von „Hallelujah Babe!“ und stieß auf den oben geschriebenen gefühlvollen Nachruf. Den kann ich umso besser verstehen, weil ich in meinem Leben sehr früh mehrmals solche Erfahrungen machen musste.

    Auf alten Tonbändern habe ich sogar noch Aufnahmen von Missus Beastly. 🙂

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  5. Ich habe gerade das Album „Sternreiter“ wiederentdeckt 👌. Nachdem ich die CD nun endlich in mein Sammlungsarchiv eingetragen habe, während ich diese mehrmals hintereinander hörte, muss ich feststellen: Das Titelstück ist – auch nach fast 42 Jahren, als ich es zum ersten Mal hörte – immer noch der Hammer („Guten Morgen Mister Präsident, mir geht’s gut und dem Computer auch.“🤘😎). Natürlich besitze ich das Original bereits seit 1982. Danke an alle Beteiligten für dieses Meisterwerk 🙂 und alles Gute für die Familie.
    RIP Paul Vincent

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